Zur Selbstbestimmung in traditionalen Kulturen
In: Menschliche Autonomie, S. 92-105
Ausgehend davon, daß der Begriff der Autonomie sowohl im Zusammenhang mit politischer Unabhängigkeit als auch mit Selbständigkeit verwendet wird, wird in dem Beitrag in bezug auf kulturelle und ethnische Gruppen gezeigt, daß der Autonomie-Begriff im gegenwärtigen politischen Sprachgebrauch nicht die volle politische Unabhängigkeit meint, die heute unterhalb der Ebene des Nationalstaates nicht mehr zu haben ist, sondern sich auf eine zweite Stufe nur partieller Unabhängigkeit bezieht, die sich vor allem auf den kulturellen Sektor erstreckt. Einige begriffsgeschichtliche Überlegungen werden angestellt, um dann der Frage der Autonomie in traditionalen Kulturen mit den geeigneten Instrumenten näherzutreten. Können die traditionalen Gesellschaften in ihrem Verhalten untereinander, d.h. nach außen, als Beispiele autonomer Lebensgemeinschaften angesehen werden, die in Form der allgegenwärtigen Kriege auch den Aspekt des Gegensatzes zwischen dem "Wir" und den "Anderen" gestalten, so gilt für die "innere Autonomie" des Einzelnen innerhalb der Gesellschaft in korrespondierendem Kontrast genau das Umgekehrte: Für individuelle Autonomie war im Prinzip kein Platz. (ICA)